Architektur: Wolfgang Ritsch
Mitarbeit Architektur: Gerold Schrack
Ort: Lauterach, Vorarlberg, Österreich
Bauherrschaft: Pfarre St. Georg der Marktgemeinde
Lauterach, Pfarrer Mag. Werner Ludescher, Altbürgermeister Elmar Kolb

Planung: 2014-2019
Ausführung: 06/2018-12/2019
Funktion: Sakralbau
Fotografie: Maria Ritsch
Publiziert: VAI Baukulturgeschichten 2020


Kirchenbauten sind symbolisch aufgeladene Bauwerke. Sie stehen in enger Beziehung zu liturgischen Handlungen und sind dennoch auch Bauwerke aus einer bestimmten Zeit, die Pflege und Aktualisierung brauchen. Die Renovierung der Kirche in Lauterach ist ein wunderbares Beispiel für den verständigen Umgang mit Kirchenräumen, denn diese sind nicht nur materielle Hülle, sondern Teil des Gottesdienstes. Ein neues Pfarrzentrum ergänzt nun das bauliche Ensemble.

Maß und Zahl sind die Universalien der Architektur. Sie sind nicht nur Grundlage für die technische Realisierbarkeit eines Bauwerkes, sondern schaffen auch eine innere Ordnung. Diese innere Ordnung spielt bei sakralen Räumen eine wichtige Rolle. Kirchenbauten sind symbolisch aufgeladene Bauwerke. Sie stehen in enger Beziehung zu liturgischen Handlungen und sind dennoch auch Bauwerke aus einer bestimmten Zeit, die Pflege und Aktualisierung brauchen. Die Renovierung der Kirche in Lauterach ist ein wunderbares Beispiel für den verständigen Umgang mit Kirchenräumen. Diese sind nicht nur materielle Hülle, sondern Teil des Gottesdienstes. Neben den Zeremonien und Riten des christlichen Gottesdienstes spielen für diesen auch das Wort, Musik, Raum und Bilder eine wichtige Rolle. Sie bilden einen Rahmen, schaffen Atmosphäre, sie sind Teil der Feier, ermöglichen eine eigene Form der Exegese, der Auslegungen und Verständigung religiöser Inhalte. Mit Wolfgang Ritsch und seinem Team gewann die Pfarre einen Architekten mit liturgischer Raum- und Bildkompetenz und einem großen Sensorium für die spirituelle Dimension eines Bauwerkes. Kirchengebäude- und räume sind wesentlich durch die Theologie und Liturgie ihrer Entstehungszeit geprägt. Und so war für die Aktualisierung eine Einbeziehung der Denkmalpflege durch Barbara Grabher-Schneider für das Projekt wichtig, ebenso wie des Diözesanbaumeisters Herbert Berchtold. So bedeutsam die Symbolik des Kirchenraums ist, Symbole verweisen immer auf etwas Reales – so war es wichtig, sich zu verständigen: Von wo aus soll gepredigt werden? Wo steht der Altar? Wo ist der Taufort? Welche Rolle spielen Licht und Akustik? Wie wird die Kirchengemeinde in die liturgischen Handlungen involviert? Der Raum ist Teil des Gottesdienstes durch seine Materialisierung, die genaue Bestimmung der Orte der Liturgie, die Platzierung der Gemeinde, durch Akustik und Lichtführung. Sanierungsnotwendigkeiten und Neugestaltung gingen dabei wie selbstverständlich Hand in Hand. Das Kirchendach musste erneuert werden, der Turm saniert und die Eindeckung ergänzt. Außenwände und Fundamente mussten entfeuchtet und abgedichtet werden. Die Fassade wurde mit Kalkfarben neu gestrichen, die Sandsteingesimse und die Fensterwände wurden instandgesetzt.

Im Innenraum entschied man sich für große Eingriffe. Alte Aufnahmen zeigen, wie sich der Kircheninnenraum immer wieder verändert hat. Dem heutigen Verständis entsprechend wurde der Raum als offener, freundlicher Ort gehalten und dem Licht eine besondere Bedeutung eingeräumt. Zusammen mit dem Schweizer Lichtexperten Charles Keller wurde ein Konzept entwickelt, das den Raum in unterschiedlichste Lichtstimmungen tauchen kann. Eine Besonderheit der Lauteracher Kirche ist eine Zirbenholz – decke, die einst von Simon Kritzinger gebaut wurde. Sie enthält über dem Altarraum ein Marienmedaillon und weitere kleine Medaillons über dem Kirchenschiff und fasst den Raum auch atmosphärisch. Die Betonsteinplatten am Fußboden wurden aufwendig neu verlegt, originalgetreu ergänzt und mit einer neuen Fußbodenheizung unterlegt. Die Beschallungsanlage ist nicht sichtbar, aber raumwirksam. Der gesamte Altarraum wurde mit einem neuen Altar, Ambo und Taufstein nach Plänen von Wolfgang Ritsch aus – gestattet. Bei den Kirchenbänken entschied man sich für eine Restaurierung und neue Aufstellung. Die Ausstattungselemente wie Figuren, Kanzel, Fensterelemente, Wand- und Deckengemälde und Kreuzwegstationen wurden mit finanzieller Unterstützung aus der Bevölkerung restauriert. Direkt an das Kirchengebäude schließt mit dem Umbau nun auch ein neues Pfarrzentrum an. Neben Innen- und Außenrenovierung und neuen Außenanlagen war das die vierte Station des vielschichtigen Projektes. Vom Eingang mit geräumigem Vorraum geht es dort in einen mittelgroßen, hellen, freundlichen Raum. Wertigkeit und Einfachheit geben sich hier die Hand. Im oberen Stock sind multifunktionale Räume für Besprechungen, Teamsitzungen, Gruppenarbeit, Chor- und Musikproben und andere Anlässe. Eine kleine, perfekt ausgestattete Aufwärmküche ergänzt das Angebot. Die Fensteröffnungen sind groß, die Ausblicke großartig. Mitten im Dorf ist das neue Pfarrzentrum nicht sofort einsehbar, aber Teil der Siedlungslandschaft. Der Massivbau aus Stahlbeton wurde mit einer außenliegenden Dämmung und hinterlüfteter Eichenholzleistenfassade ausgeführt. Innenseitig sind die Räume geprägt von Sichtbetonoberflächen und Innenwänden und Akustikdecken aus Weißtanne. Die Blecharbeiten wurden in Kupfer ausgeführt. Barrierefreiheit und eine einfache Zugänglichkeit war der Pfarre wichtig und gute Außenräume. „Ein erstes Konzept hat Maria-Anna Moosbrugger-Schneider entworfen. Weitergeplant und ausgeführt wurde mit Markus Cukrowicz.“ „Auch der Baumschutz lag uns am Herzen“, ergänzt Elmar Kolb. „Die vordere Linde steht sogar unter Denkmalschutz. Wir haben uns hier Expertise geholt und unter den befestigten Flächen Substrat eingefügt, um die Bäume in Trockenphasen im Wachstum zu unterstützen.“ „Wir haben lange geplant und uns Zeit genommen für Gespräche, für Reflexion“, sagt Wolfgang Ritsch. „Die Pfarre und die Bevölkerung haben uns viel Rückhalt gegeben und ebenso die Professionalität und Verlässlichkeit unserer Partner.“ (Text – Verena Konrad)